Eine Lobby für Familien
Der 15. Mai ist internationaler Tag der Familie
Familien sind die Leistungsträger unserer Gesellschaft. Sie zahlen Steuern, finanzieren die sozialen Sicherungssysteme und ziehen Kinder groß. Doch was heißt Familie heute? Alleinerziehende, Eltern ohne Trauschein, Teeny-Mütter und Spätgebärende, Patchwork-Familien – eine Vielfalt an Lebens- und Familienmodellen stellt die Familienpolitik vor völlig neue Herausforderungen und macht den Familienalltag zunehmend anstrengend. In der Rushhour des Lebens fehlt es gerade jungen Eltern nicht selten an Unterstützung: Die Großeltern oft weit weg, die Arbeitswelt anspruchsvoller denn je, hoch qualifizierte Frauen, die im Job nicht mehr zurückstecken wollen und gleichzeitig die Erwartung, in der Elternrolle perfekt zu sein. Wenn sich junge Menschen dann für ein, zwei oder für mehrere Kinder entscheiden, brauchen sie Hilfe und Wertschätzung.
Am 15. Mai ist der internationale „Tag der Familie“. Er wurde 1993 durch eine UN-Resolution geschaffen, um an die Bedeutung der Familie als grundlegende Einheit der Gesellschaft zu erinnern und die öffentliche Unterstützung für Familien zu verstärken. In Zeiten des spürbaren demografischen Wandels erlangt der „Tag der Familie“ eine völlig neue Dimension. Bundesweit machen Aktionen auf das Thema aufmerksam, stellen Initiativen und Bündnisse für Familien ihr Engagement vor.
Im Landkreis Börde haben sich Partner aus unterschiedlichen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens in einem „Netzwerk Familie“ zusammengefunden, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen, Strategien zu entwickeln und Maßnahmen umzusetzen, die insbesondere junge Familien im Alltag unterstützen und neue Perspektiven für ein Leben mit Kindern aufzeigen sollen.
Selbst bleibt den jungen Eltern oft kaum Zeit, sich für ihre Interessen einzusetzen. In politischen Gremien sind sie deutlich unterrepräsentiert. Umso wichtiger ist es, jede Möglichkeit zu nutzen, ihnen eine Stimme zu geben.
Die Bündnispartner sind sich sicher: Familienförderung ist mehr als Bauprämie oder Begrüßungsgeld für Neugeborene. Sie sollte neben der effektiven Familienhilfe in Problemlagen auch eine familienfreundliche Infrastruktur und völlig neuartige Familien-Dienstleistungen und Arbeitszeitmodelle umfassen, die die Lust auf Nachwuchs fördern, weil sie das Leben mit Kindern leichter machen. Müttern und Vätern sollte gleichermaßen Raum gegeben werden, sich im Job zu entfalten, und das, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen, ihre Elternrolle zu vernachlässigen.
Ein afrikanisches Sprichwort sagt: Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind groß zu ziehen. Dort, wo die Funktionen der traditionellen (Groß-)Familie nach und nach wegbrechen, muss die Gesellschaft einspringen und Hilfe anbieten. Und hier setzen die Aktivitäten der Bündnispartner im „Netzwerk Familie“ an. Im Fokus steht dabei zum Beispiel das wachsende Heer an Berufspendlern, die immer weitere Anfahrten zur Arbeit in Kauf nehmen und täglich vor der Herausforderung stehen, Familie und Job unter einen Hut zu bringen: „Wir haben Verständnis für diese Situation und versuchen, den jungen Eltern so weit wie möglich entgegen zu kommen, wenn sie es einmal nicht schaffen, nachmittags pünktlich in der Kita zu sein.“, so Marlis Reineke, Verbundleiterin Kita und Hort bei der Seniorenhilfe Haldensleben und Mitglied im „Netzwerk Familie“. Sie sieht gute Chancen, die Familien durch eine organisierte Nachbarschaftshilfe noch besser zu unterstützen und möchte darüber hinaus in Kooperation mit den Netzwerkpartnern Familien-Beratungsleistungen direkt in der Kita anbieten. Andere Akteure, wie die Kita Hermsdorf in der Gemeinde Hohe Börde bieten verlängerte Betreuungszeiten und eine Randbetreuung auch samstags an, um die Eltern zu entlasten. Als gemeinsames Projekt möchte das Netzwerk Familien die Möglichkeiten der Kurzzeitbetreuung von Kindern – Schwerpunktthema auch bei den bundesweiten Aktionen der „Lokalen Bündnisse für Familie“ zum 15. Mai – durch einen Pool an Babysittern und Leihgroßeltern erweitern, auf den junge Eltern unkompliziert zugreifen können.
In diesem Jahr stehen im Rahmen des Programms „Demografie – Wandel gestalten“ vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr Sachsen-Anhalt gefördert noch weitere Maßnahmen für Familien im Landkreis Börde auf der Agenda.
Das Netzwerk Familie wird vom LIBa e.V. getragen und koordiniert und ist offen für alle, die sich auf diesem Gebiet engagieren möchten. Das nächste Treffen findet am 29. Mai im ehemaligen Mehrgenerationenhaus in Zielitz statt.